* Ich bin ein Star - holt mich hier raus * |
... noch eine Story von der Surinamamazone Bogi (Februar 2005)
Es sollte das Megaereignis des Jahres werden! Unser geschätzter Rudi rief und alle wollten dabei sein. Jedoch nur zwölf Papageien sollten die Chance bekommen. Die Chance, zu zeigen, was ein echter Geier alles ertragen kann. Zwölf Tage in der grünen Hölle des Dschungels, abgeschieden von der Welt, rund um die Uhr von Webcams bewacht, über die die verbleibenden 2 Mio. Papageien alles live an ihren Bildschirmen miterleben konnten. |
Als
mich am Morgen die Zusage für meine Teilnahme per Mail erreichte, rief ich erst
mal Bubi Perez an. Ich brauchte ein paar Tipps dieses "alten" Hasens,
der sich oft genug durch manch Dschungel geschlagen hatte.
Meine Vorfreude war groß, dennoch war mir bewusst, dass dies kein Urlaub werden
würde. Pyka musste am Flughafen wieder umkehren, sie hatte vergessen, daheim
die Herdplatte auszumachen. Traurig winkte sie uns allen hinterher, vertraute
jedoch den üblichen Lufthansa-Verspätungen, legte einen Affenzahn zu, so dass
sie uns dennoch begleiten konnte.
Mit einer Boing 007, die sie vom Luftfahrtmuseum gesponsort bekamen, ging es Richtung Dschungel. Maxi, als erfahrene Pilotin angeheuert, brachte uns nach 20stündiger Flugzeit endlich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Cleo und Lulu sahen etwas merkwürdig aus in ihren Stewardessenuniformen, aber die hatten sie bei der Landung eh nicht mehr an.
Charly B. ließ sich noch von allen vieren, auf ebensolchen, ein Autogramm auf den Bauch geben und dann stiegen wir aus. Es herrschte ein angenehm-kühles Klima, so wie zu Hause, und komischerweise sah ich in der Ferne den Berliner Fernsehturm. Aber dann hatten sie uns auch schon die Augen verbunden. |
Gebannt
schauten wir auf Coco und Coco 2,
die mir und meinen Mitstreitern am Eingang des Basiscamps noch letzte
Instruktionen gaben. Rudi wollte seinen zusammenklappbaren Cityroller mit Heckantrieb ins Camp schmuggeln, aber den nahmen sie ihm sofort ab. Mein Laptop musste auch draußen bleiben und Maxi musste das Haarfön-Beautyset abgeben. Auch der sprechende Wellensittich, den Coco 2 in der Innentasche ihres Blazers versteckte, ein echtes Genie, das Gitarrenlaute nachahmen konnte, musste draußen bleiben. Gott hat das Vieh geschrieen. Den Welli meine ich. |
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So wie auch Gummipuppen, Plüschtiere, Pin Up-Kalender und auch tragbare Fernseher, durften nicht mit rein genommen werden.
Nachdem wir unsere Schlafsäcke ausgerollt und das Lagerfeuer endlich an hatten, stritten Pyka und Bubi, wer uns was auf der Klampfe vorspielen würde. Bubi gewann und spielte. Fünf Stunden später hatten wir alle die Nase gestrichen voll, denn das Aas hörte einfach nicht mehr auf. Und tanzen wollten wir auch nicht dazu. Ich stopfte mir kleine Notizzettel, auf denen ich meine Gedanken aufschreiben wollte, in die Ohren und schlief endlich ein.
Die erste Mutprobe stand an und die Wahl fiel auf Charly. Andächtig saß sie da und ließ sich mit einer Gabel von Rudi ihre knielangen Federn kämmen, was eine zweistündige Verzögerung zur Folge hatte. Mann, die Frau hat Nerven wie Drahtseile, ehrlich. Alle waren aufgeregt, als sie zurückkam. Charly strahlte übers ganze Gesicht und hielt die Flasche Schampus hoch, die sie gewonnen hatte. Ihre Mutprobe bestand darin, sich fünf Stunden lang, in gefesseltem Zustand, einen Roman von Dieter Bohlen vorlesen zu lassen. Aber damit nicht genug, hatte man als Vorleserin Naddel engagiert. Ich würde mir nicht mal den Busfahrplan von der vorlesen lassen - eher zu Fuß gehen. Ungläubig hörten wir Charlys Schilderungen, die bis in die tiefe Nacht reichten zu, und wir ahnten, dass es für uns noch schlimmer kommen würde.
Langweilig wurde es uns nie. Helle Aufregung gab es allerdings, weil einer von uns hinter einen Busch gekackt hatte, anstatt das kleine blaue Klo-Häuschen zu benutzen, auf dem "toi-toi-toi" stand. Und wir alle durften das ausbaden, denn sie strichen uns das Mittagessen. Der Täter hatte seine Visitenkarte hinterlassen. Alle starrten auf die Ausscheidung in Form eines "R"s und dann auf Rudi. Doch den interessierte das wenig, da er gerade Pyka seine ganzen Liebesgedichte vortrug. Pyka hörte gern zu. Irgendwann nahm sie die Ohrstöpsel raus, fiel um wie ein Sack und schlief einfach ein. Charles, der unerschrockenste von uns, hob das ekelerregende Teil auf und warf es in den Abfalleimer, damit war das Thema dann gegessen.
Heute war Coco 2 an der Reihe mit der Mutprobe. Nachdem sie sich dreimal bekreuzigt hatte, setzte sie ihre rote Pappnase auf und lachte dreimal laut. Ein paar Affen fielen vor Schreck vom Baum und einer traf Sam hart am Kopf. Ich war traurig, als sie ihn bewusstlos aus unserem Camp holten. Aber wir würden ihn ja im März dann wiedersehen. Kurz zwinkerte er mir noch zu, als sie ihn wegtrugen. So ein Schlawiner! Der Affe ist seinen schweren Verletzungen erlegen, teilte man uns später mit. Selber Schuld. Was hatte der auch auf dem Baum zu suchen? Immerhin gewann Coco 2 was zum Essen. Aber keiner von uns wollte das lebende Federvieh schlachten. Lieber aßen wir dann die giftigen Beeren, die es üppig gab und nahmen den anschließenden juckenden, pusteligen Ausschlag in Kauf. Irgendwann allerdings war das Vieh weg. Man munkelte, dass es sich im Badesee nicht um Taucher handelte, die sich hai-artige Flossen auf den Rücken geschnallt hatten. Seit dem ging niemand mehr baden.
In den nächsten Tagen hatte jeder von uns seine Mutprobe zu erfüllen, und niemand hatte bisher den befreienden Spruch ausgerufen. Wir waren stolz, sehr stolz. Einmal bekamen wir zur Belohnung sogar ein Päckchen. Es war an uns alle gerichtet. Gespannt rissen wir das Teil auf und darin lag nur so ne olle bunte Glamour-Karte aus South Dakota von Rockefeller. "SchlaSchö und bleibt artich! " stand drauf und ein behördlicher Stempel, der uns seither, jeden Tag Kopfzerbrechen bereitete.
Eigentlich gefiel es mir hier sehr gut, bis auf, dass wir unser Trinkwasser aus dem Badesee holen mussten. Nicht, dass mich der seifige Geschmack meines Roibusch-Tees störte, aber ich hatte während des Trinkens immer das Bild von Luchen und Cleo vor Augen, die sich im See gegenseitig den Rücken schrubbten, während sie sich humoristische Gedichte von Bubi Kretzschmar zitierten. Naja, was einen nicht umbringt, macht einen hart.
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Heute war ich an der Reihe. Charles väterliche Umarmung tat gut. Der Basiscampdoc, Dr. Sam Franke, gab mir noch ein paar ärztliche Hinweise, fühlte meinen Puls und nickte irgendwie mitleidig. Aber diesen Gesichtsausdruck kannte ich von ihm schon aus Berlin. Mein Kopf war hohl und dröhnte, als ich die 50 Stufen hoch stieg. Unter mir stand ein Becken voller Schlamm, aus dem ich sicher total verdreckt rauskommen würde. Wozu eigentlich hatte ich mir diese pinkfarbenen Schwimmshorts erst gekauft, die mit den Stützbügeln im Hüftbereich, für 80 Euro. In diesem Becken befanden sich gottverdammte 17 Farbmäuse, aus denen ich, sofern ich sie finde, einen Hamster machen sollte. Und das alles in nur vierkommasechs Minuten. Dazu kam aber, dass ich den Hamster dann aufessen musste. Mein Magen knurrte und ich dachte an die zehn Tüten Buchstabensuppe von Knorr für mich und meine Kumpel, die genauso hungrig waren wie ich. Ich schloss die Augen und stürzte mit einem gewagten Kopfsprung in die Tiefe.
Schweißgebadet öffnete ich meine Augen.
"Wo verdammt kommt der bescheuerte Wecker her, der da dauernd
klingelt?!" Völlig verwirrt sah ich mich um. Wo war das Becken, der
Schlamm, mein Hamster, wo waren Coco und Maxi, Pyka und Lulu, die mir
schulterklopfend meine zehn Tüten Buchstabensuppe von Knorr überreichten?
Ich lag in meinem Bett, starrte an die Decke und rieb mir die Stirn, die ein
blauer Fleck zierte, der höllisch weh tat.
Eins weiß ich sicher. Nach diesem beknackten Traum werd’ ich nie wieder so ’n Schwachsinn im TV schauen, wie: "Ich bin ein Star - holt mich hier raus!" Und ich werde heute NICHT in die neue Voliere gehen.
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