Marion aus München
So kam unsere Graue zu uns (Dezember 2001)
Vor vielen Jahren kam eine Kollegin auf ein Schwätzchen in mein Büro, sah meine mit unzähligen Vogel- und Tierfotos tapezierten Wände und fragte mich, ob ich denn Interesse hätte, einmal ihren Graupapagei während ihres Urlaubs zu hüten.
Ein bisschen aufgeregt stimmte ich zu, rief sofort meinen Mann an und fragte ihn, ob er einverstanden sei. Auch er war freudig überrascht, denn wir beide haben immer eine Vorliebe für Vögel, und speziell Papageien gehabt. Jeden Film schauten wir uns an und in jedem Zoo blieben wir lange vor den Käfigen stehen. Mein geheimer Traum war immer ein Papagei gewesen. Wir hatten bereits zweimal einen kleinen gefiederten Gast bei uns in Pension gehabt und waren daher ein bisschen vorbereitet (?)
Dann kam der Tag und wir empfingen meine Kollegin samt Käfig und Inhalt auf der Strasse. Aber da saß nicht – wie üblich – ein kleiner Kanarienvogel drin – da war ein großer grauer Vogel, der mich neugierig anschaute und – ich war eine Mischung aus purer Begeisterung und absolutem Terror. Das "Ding" war so groß. Dann ging alles sehr schnell. In der Wohnung wurde dieser Papagei, der schon sehr oft bei anderen Menschen seinen Urlaub verbracht hatte und somit kein bisschen scheu war, mir auf die Brust gedrückt und da saß ich nun – mit einem Papagei auf mir und ohne Atemzug vor lauter Verzückung. |
Wir gewöhnten uns dann langsam aneinander. In der Zeit habe ich viel gelesen – wie ich heute weiß, waren dieses Informationen nicht unbedingt auf dem neuesten Stand – und dann kam nach fünf Wochen der Tag des Abschieds. Ich wusste ja, dass es nur für begrenzte Zeit war. Hannibal (damals noch ein Männchen) freute sich über die Rückkehr seiner Besitzerin und mir brach das Herz.
Nach einigen Monaten wollte meine Kollegin glücklicherweise wieder in Urlaub fahren – sie fragte erst gar nicht mehr andere Freunde wegen der Betreuung, sondern kam gleich zu mir.
Wieder kam dieser graue große Vogel zu uns und dieses Mal war es noch schöner mit uns DREIEN. Dann wieder Abschied, wobei Hannibal sich nicht mehr ganz so freudig gegenüber meiner Kollegin aufführte und mir – ja mir brach noch mehr das Herz.
Wir hatten Hannibal noch einige Male und dann kam der große Moment, in dem wir gefragt wurden, ob wir den Vogel behalten wollten, weil die Kollegin ein Pferd hatte, um das sie sich kümmern musste und sie dem Papagei zeitlich einfach nicht mehr gerecht werden konnte. Wir sagten freudig zu und an diesem Abend leerte ich zum ersten Mal in meinem Leben eine ganze Flasche Wein. Ich war glücklich und aufgeregt und völlig aus dem Häuschen. Mein Mann und ich hatten bemerkt, dass sich der Vogel in all den Monaten immer mehr uns zuwandte und es wäre sowieso der Tag gekommen, an dem wir uns nicht mehr hätten trennen können.
Ein Jahr war Hannibal bei uns – er wohnte inzwischen in einem Küchenhängeschrank (zweistöckige Maisonette-Wohnung) – da machte "ER" uns eines Tages zu Pseudo-Großeltern, indem "SIE" drei Eier legte. Ab diesem Tag wurde sie zu Hannibällchen.
Inzwischen sind 11 Jahre vergangen, sie ist stolze 31 Jahre alt und wir leben glücklich zusammen. Hinzufügen möchte ich noch, dass vor über 20 Jahren diverse Vergesellschaftungen mit anderen Papageien fehlgeschlagen sein sollen. Wir selber haben es nicht mehr versucht. Nachdem aber Hannibällchen sogar den Pelzkragen meines Wintermantels angreift, sollten wir es vielleicht auch unterlassen.
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