* Oscar-Verleihung (an unsere wahren Freunde) *
eine überaus nachdenkliche Geschichte von Bogi, Papagei und Jury-Mitglied (Februar 2005)
Edel
sei der Mensch, hilfreich und gut. So ist er in der Tat, wird weich, sobald er eine
gequälte Kreatur beim Zoohändler seines Vertrauens erspäht, erlöst sie flugs
von allen Qualen, um neuen Platz für die nächste Lieferung aus dem Regenwald
zu schaffen - so lange die Wälder noch nicht vollends abgeholzt wurden.
Clever
ist der Mensch, belesen und willig. Er weiß nach Studium handelsüblicher
Haustier-Ratgeber, wie groß die Voliere zu sein hat, vertraut bei der Wahl
einer geeigneten Unterkunft für sein Schätzchen auf angeborene Ästhetik und
entscheidet sich besser für den bildschönen Rundkäfig, ganz aus glänzendem
Messing, passend zur rustikalen Couch-Ecke. Ein teures Stück, zugegeben, aber
dafür hat das Menschenkind immens viel Geld gespart, als es sich für den Kauf
eines Wildfangs entschied. Das absolute Schnäppchen im Gegensatz zur Nachzucht.
Erwiesenermaßen auch sehr viel robuster, denn der Kollege, der noch lebt,
nachdem er die Prozedur vom Einfangen bis zur Präsentation auf dem Ladentisch
übersteht, verdient ebenfalls einen Oscar für seinen Lebenswillen.
Einsam
ist der Mensch, aber wofür gibt’s Haustiere? Stand da im Ratgeber nicht, ein
Papagei in Gefangenschaft kann steinalt werden? Keiner ist mehr einsam. Der
Mensch hat seinen Vogel und assistiert ihm sogar beim Warten auf den (natürlichen)
Partner, der nie kommt. Stand da nicht auch, ein Papagei hängt sich ausschließlich
an seinen Pfleger, wenn man ihn in Einzel(haft)-Haltung genießt? Es soll sogar
vorkommen, dass es den Vögelchen die Sprachbegabung verschlägt, hält man sie
im Doppelpack. Na, Second-Hand-Zeitschriften brauchen doch eine gewisse
Existenz-Grundlage. "Blaustirn-Amazone,
1 Jahr, mit Zubehör, Preis VB", "gebe meine Papageien-Zucht auf und tausche
gegen Briefmarken" – Drei, zwei, eins – meins ...
Unschuldig
ist der Mensch, denn stand in der Gebrauchsanweisung, dass der Vogel Zicken
macht und spätestens nach Eintritt der Geschlechtsreife zum potentiellen Killer
wird? Nirgendwo stand zu lesen, das süße Federknäuel sei dazu in der Lage,
Paranüsse per Schnabel zu knacken. Der Menschenmund, der einmal zu viel: "Na,
gib doch mal Küsschen" verlangt, hat die Arschkarte gezogen. So ein
Mistvieh!!! So ein Wanderpokal. So ein Second-Hand-Zeitungsleser. So ein
Oberschnäppchen. So ein glücklicher Züchter, bei dem Freund Krummschnabel
endlich ein neues Zuhause fand, um ihm gold’ne Eier zu legen.
Neugierig
sei der Mensch oder wie läuft es mit Vorzeige-Kumpel Alex? In mühsamer und
jahrelanger Kleinarbeit findet er mit Alex Hilfe heraus, wie intelligent wir
doch wirklich sind. This is
a corner. It is red. A House. Wow, Alex Entdeckerin widmet sich Tag für
Tag ihrem Graupapagei. Hat keinen Feierabend, keinen Urlaub, wird nie krank.
Deshalb weiß sie wirklich alles von ihrem Spitzenkandidaten, dessen Naturtalent
rund um die Uhr abgerufen werden kann, weil Alex freiwillig auf Ruhepausen
verzichtet, so wie ich sie von 11.00 bis 15.00 Uhr schätze, weil es mein Trieb
verlangt.
Fürsorglich
ist der Mensch, der nie müde wird, die beste Ernährungsgrundlage für uns zu
schaffen. Ja zu Pellets und der Doc-Food-Diät. Nein zu Erdnüssen und der Änderung
des Null-Acht-Fuffzig-Speiseplans. Rotlicht oder besser gleich Blaulicht? Bewährt
hat sich eigentlich Neon, vorzugsweise bei Kellerhaltung. Kunterbunte Ansichten,
kunterbunte Züchterberichte, kunterbunte Vögel mit endlos grauen Aussichten.
Aufgerufen
sei der Mensch, der sich als würdiger Oscarpreisträger entpuppt – gänzlich
ohne Kompromisse!!! Dann wird es in seiner Ansprache heißen:
Ich
danke meinen geliebten Krummschnäbeln, weil sie mich an ihrem Leben teilnehmen
lassen, mich akzeptieren, auch wenn ich nicht zu ihrem Schwarm gehöre.
Ich
danke ihnen für ihr Vertrauen und die Hilfe, die sie mir Tag für Tag geben,
denn ich werde nie damit aufhören, aus ihrem Verhalten zu lernen.
Dass
mir das Tier das liebste sei,
sagst
du, oh Mensch, sei Sünde?
Das
Tier blieb mir im Sturme treu,
der
Mensch nicht mal im Winde! Bogi
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