Anja aus Pulheim-Brauweiler (Nähe von Köln)
Unsere Geiergeschichte (Juni 2002) Hallo liebe Papageienfreunde, nachdem ich viele schöne Geschichten von Euren Papageien gelesen habe, werde ich Euch jetzt mal meine erzählen! |
Angefangen hat alles im Juni 2000. Meine Schwester berichtete mir von einer Bekannten, die ihre junge Amazone verkaufen wollte. Barnie muss damals ca. ein Jahr alt gewesen sein. Da ich als Kind mit Papageien aufgewachsen bin, war ich sofort Feuer und Flamme und wollte den Geier sehen. Mein Mann Andreas war überhaupt nicht begeistert, aber zum Schluss habe ich wieder einmal gewonnen.
Am 10. Juni 2000 fuhren wir also dort hin, um uns den Vogel anzusehen. Der arme Kerl saß total verängstigt in der letzten Ecke des Käfigs und zitterte vor Angst. Mir tat es in der Seele weh, den armen Kerl so zu sehen. Als Kind hatte ich nur zahme Vögel. Schnell wurde mir klar, dass es sich bei dem Vogel auf keinen Fall um eine Handaufzucht handelte. Andreas war sofort schwer verliebt und somit holten wir unseren Barnie am 12. Juni 2000 ab.
Nachdem wir ihn zuhause in den Käfig gesetzt hatten, ließen wir ihn erst einmal ein paar Tage in Ruhe und nutzten die Zeit, allerlei Literatur über Amazonen zu lesen. Aber auch nach einiger Zeit gelang es uns nicht, an ihn "ran zu kommen". Er verkroch sich in die hinterste Ecke des Käfigs. Wahrscheinlich haltet Ihr es kaum für möglich, aber Barnie kannte bis dahin keinerlei Obst oder Gemüse. Also fingen wir erst einmal an, ihm Obst zu geben. Nach dem Motto: Mit Speck fängt man Mäuse! Er war regelrecht gierig danach und ganz langsam begann er, uns das Obst aus der Hand zu fressen. Allerdings noch immer mit sehr viel Vorsicht. |
Nach ein paar Wochen wollten wir Barnie aus dem Käfig lassen. Die Flügel unseres Geiers waren gestutzt, sollten aber von alleine nachwachsen (lt. Vorbesitzer). Wir öffneten also die Käfigtür und ließen ihn raus. Völlig panisch flatterte er durch das Wohnzimmer und landete verängstigt in einer Ecke der Küche. Was sollten wir tun? Wir konnten ihn ja nicht anfassen. Irgendwann beruhigte Barnie sich und kletterte auf einen Stock. Wie froh war er, als er wieder im Käfig saß!
Nun baute Andreas einen Freisitz für das Federvieh, den wir so vom Käfig wegstellten, dass wir ihn mit Holzstangen mit dem Käfig verbinden konnten. Und siehe da – Barnie kletterte aus seinem Käfig und marschierte ganz ruhig rüber zum Freisitz. Die Neugierde war wohl größer als die Angst! Von nun an wurde unser Geier immer ruhiger und die Angstzustände ließen nach. Nach und nach begriff er, dass ihm nichts passiert und kam sofort auf einen Stock, wenn wir ihm einen hinhielten. Wir waren also wieder einen Schritt weiter. Nur anfassen konnten wir ihn noch nicht. Eine neue List musste Barnie davon überzeugen, dass ein Geierleben auch schön sein kann.
Andreas begann, ihn mit einen Stück Seil am Kopf zu berühren. Es dauerte nicht lange und Barnie plusterte sich auf. Dabei senkte er den Kopf und genoss es sichtlich. Ganz vorsichtig begannen wir, Barnie mit dem Finger zu streicheln und er ließ es sich gefallen! Von nun an wurde Barnie immer zutraulicher und so dauerte es nicht mehr lang, bis er zu uns auf die Hand kam und uns völlig akzeptierte.
Jetzt kam der nächste, nicht ganz leichte Schritt. Von Bekannten hatten wir von einem sehr guten Tierarzt in der Nähe gehört, der auf Tropenvögel spezialisiert ist. Wir wollten natürlich wissen, ob wir einen gesunden Vogel gekauft hatten. (Was, wie es sich herausstellte, nicht der Fall war.) Barnies Kropf war total vereitert und entzündet, genau wie seine Nase. Zudem ließen wir den Ring entfernen, weil dieser viel zu eng war und schon das Bein aufgescheuert hatte. Dann hat sich der Arzt noch die Schwingen angeschaut. Der arme Vogel war total mies gestutzt, die Federn viel zu weit unten geschnitten. Also mussten die verkümmerten Stumpen raus. Was hat der arme Kerl gelitten, aber weil er ja fliegen sollte, musste er jetzt da durch! Dank Tropfen und einiger Vitaminpräparate ist Barnie heute ein kerngesunder Vogel und die Schwungfedern wuchsen, wenn auch langsam, nach. Leider sind die Schwingen bis heute nicht voll ausgebildet und aufgrund des falschen Stutzens sieht es so aus, als seien die restlichen Stumpen einfach verkümmert. Aber Barnie fliegt inzwischen wie ein Weltmeister durch die Wohnung und es ist schön, ihn dabei zu beobachten! |
Barnie sitzt gemütlich auf dem Freisitz und schläft friedlich! |
Für uns war es eine sehr große Herausforderung, das Vertrauen unseres Geiers zu gewinnen. Es war einige Male sehr schwer, die Geduld nicht zu verlieren. Wir sind sehr behutsam und ruhig mit dem Tier umgegangen. Vielleicht sind wir auch gerade deshalb so stolz. Der Krummschnabel ist schon zu einem Bestandteil von uns geworden. Er wird voll integriert und ist – wenn möglich – immer dabei. Natürlich weisen wir ihn auch in seine Schranken!!!
Barnie hat einen wunderbaren Charakter, ich habe selten einen so zutraulichen Vogel erlebt. Selbstverständlich kann er uns auch den letzten Nerv rauben, aber das kennt wohl jeder Papageienbesitzer.
Natürlich hat auch Barnie viel Unsinn im Kopf. Wenn jemand zuhause ist, ist die Käfigtür grundsätzlich offen und Barnie nutzt die Zeit sehr ausführlich!!! Er ist ein aktiver Vogel, fliegt viel und spielt mit dem Spielzeug an seinem Freisitz. Wir können ihn keine zwei Minuten alleine lassen, ohne dass er was anstellt. Aber wir haben es geschafft, dass er zumindest keine Möbel anknabbert, abgesehen von den Gummidichtungen an den Türen. Aber er bekommt jede Menge frische Hölzer zum Zernagen, die er auch gerne annimmt.
Entgegen unseren Erwartungen ist Barnie sehr anhänglich. Sein Lieblingsplatz ist auf der Schulter von Andreas, der hat die Türklinke noch in der Hand und schon ist der Räuber bei ihm.
Der Geier liebt es, mit uns duschen zu gehen. Erst sitzt er auf der Duschkabine, wenn wir merken, dass er gerne mitduschen möchte, nehmen wir ihn auf die Hand und bespritzen ihn vorsichtig mit Wasser. Sofort hängt er sich vornüber und lässt seine Flügel nach vorne hängen. Er kann dann nicht genug bekommen und die einzige Möglichkeit ist dann: "Wasser aus!!!" Sobald Barnie das Geräusch von dem Wasser hört, fängt er ein wahres Pfeifkonzert an. Es macht einfach Spaß, den Geier um sich zu haben.
Barnie ist auch ein wahrer Meister im "Hüpfen". Wenn er bei Andreas auf dem Bein sitzt und sich fleißig putzt, muss Andreas nur sagen: "Komm schnell Barnie und hüpf!" Der Geier läuft dann ganz schnell Richtung Bauch und wenn er genügend Anlauf hat, springt er! Mit beiden Füßchen gleichzeitig und je nach Lust und Laune dreht er sich dabei. Ihr könnt euch vorstellen, dass das wirklich lustig aussieht, oder? Ja und je mehr wir lachen, desto doller wird der Geier! Danach ist dann "schmusen" angesagt, und das am liebsten mit Andreas. Zu mir kommt Barnie dann, wenn er noch etwas toben will!
Es vergeht wirklich kein Abend, an dem Barnie nicht bei uns ist. Ich finde das ja auf der einen Seite sehr schön, habe aber auch irgendwie ein schlechtes Gewissen dabei. Also überlegten wir ernsthaft, eine zweite Venezuelaamazone zu kaufen. Ich schaute mal im Internet nach, ob es geeignete Züchter im Raum Köln/Bonn gab. Aber irgendwie habe ich nichts Richtiges gefunden. Für den Kauf hatten wir Mitte 2002 geplant. Also kauften wir Ende November 2001 erst einmal eine große Zimmervoliere und schickten eine Feder zur DNA-Analyse. Wie sich herausstellte, war Barnie ein Hahn und nach einigem Hin und Her beschlossen wir, eine Henne zu kaufen.
Nun ja, wie es halt immer so ist, habe ich zufällig in der Dezemberausgabe von "Papageien" einen Züchter entdeckt, der Venezuelaamazonen verkaufen wollte und das bei uns in der Nähe! Es war eine deutsche Nachzucht von 2001, also genau das, was wir suchten. Ein Wildfang kam für uns nicht mehr in Frage. Wir telefonierten mit dem Züchter und vier Tage später fuhren wir zu ihm. Ich muss ja nicht erwähnen, dass wir an dem Tag, es war der 13. Dezember 2001, einen zweiten Papagei kauften! Laut Züchter handelt es sich dabei um eine Henne, der wir den Namen Kira gaben. Eigentlich ist es mir total egal, was es jetzt im Nachhinein ist, die Hauptsache ist für mich, dass sich die zwei verstehen.
Kira auf der Voliere |
Als wir mit Kira nach
Hause kamen und sie in Barnie´s altem Käfig ins Wohnzimmer schoben, war
Barnie mächtig aufgeregt. Er kam direkt nach vorne ans Gitter und fing
wie wild an zu pfeifen. Sein komplettes Repertoire gab er zum Besten. Der
Räuber war tierisch neugierig und somit entschieden wir, ihn mal raus zu
lassen. Er flog direkt zur Kira und setzte sich auf den Käfig. Sie war
dabei ziemlich ruhig und gelassen und sofort fing Barnie an, sein Futter
hoch zu würgen. Ich konnte es kaum fassen – er wollte Kira füttern!!!
|
Nun ja, und somit gewährten wir Barnie sein normales Leben und gaben Kira Zeit, sich einzugewöhnen. Und da sie sich ruhig verhielt, ließen wir sie nach drei Tagen aus dem Käfig. Gut, ich bin ehrlich – auch wir konnten es kaum erwarten, Kira raus zu lassen. Wir öffneten den Käfig oben und Barnie fing direkt an, Kira den Weg nach draußen zu zeigen. Immer wieder rein und raus. Schließlich kam Kira auch aus dem Käfig geklettert, war aber noch recht ängstlich und kletterte sofort zurück. Barnie zeigte keinerlei aggressives Verhalten und abgesehen von den normalen Machtspielchen und gelegentlichem "In den Schwanz beißen" war sein Verhalten völlig in Ordnung. |
Kira sitzt rechts, Barnie links |
Zu Weihnachten kam Kira dann zu Barnie in die große Voliere. Und siehe da – keine bösen Beißattacken von Barnie. Natürlich jagt er Kira gerne durch den Käfig und sie muss auch den einen oder anderen leichten Biss ertragen, aber irgendwie sieht es mehr nach Spielereien aus. Anfangs durfte Barnie ihr nicht zu nahe kommen, er hat immer wieder versucht, Kira zu füttern, aber sie wollte es nicht und ist geflohen. Erst, wenn sie in der Ecke saß und weder vor noch zurück konnte, durfte Barnie sie füttern. Inzwischen hat er es erst einmal aufgegeben und gibt sich damit zufrieden, wenn er neben Kira sitzen darf.
Mittlerweile ist Juni, die zwei verstehen sich nach wie vor gut. Allerdings ist Kira ein kleiner Schreihals, aber zum Glück steckt sie Barnie nicht damit an. Wir versuchen, sie so weit sie es zulässt, mit einzubeziehen. Leider sitzt sie überwiegend im Käfig. Abends holen wir sie mit einem Stock zu uns und beschäftigen uns intensiv mit Kira. Barnie akzeptiert das mal mehr, mal weniger. Aber so langsam fängt Kira an, sich zu wehren anstatt direkt zu ihrem Käfig zu fliegen. Sie fängt auch an, den Freisitz zu akzeptieren und kann sich dort lange beschäftigen. Und dann ist sie auch absolut ruhig.
Inzwischen hat Kira gelernt, auf einen Stock zu fliegen, und sie liebt es, wenn wir sie damit durch die ganze Wohnung tragen. Auch ihre Angst und die lautstarke Schreierei lassen – mal mehr, mal weniger - nach. Wenn sie beim Fliegen "abstürzt", klettert sie direkt bereitwillig auf meine Hand und krallt sich fest. Leider kommt Kira so noch nicht von alleine zu uns, aber ich denke, das ist eine Frage der Zeit. Bei Barnie hat auch alles seine Zeit gebraucht, nur leider vergisst man so etwas immer sehr schnell. Jedenfalls würde ich heute keinen Papagei in Einzelhaltung bei mir halten. Ich habe so viel Freude an den beiden und auch Kira ist mir schon sehr ans Herz gewachsen. Und auch wenn Kira nicht so anhänglich wird wie Barnie, könnte ich keinen der beiden abgeben.
Ich kann nur allen, die sich für diese faszinierenden Tiere interessieren, raten, von der Einzelhaltung abzusehen und direkt mindestens zwei zu kaufen. Die beiden um sich zu haben, ist wirklich sehr schön und Barnie gibt uns so viel Liebe und Zuneigung, das hätte ich niemals für möglich gehalten!
Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, die beiden fressen gemeinsam auf ihrem Freisitz, Barnie darf Kira kraulen, sie ist übrigens eine absolute Schmusebacke, und sie fliegt Barnie hinterher und macht ihn komplett nach. Ich bin davon überzeugt, dass das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist und hoffe, dass ich noch viele viele Jahre Spaß mit den beiden haben werde!
|
zurück zu Geiergeschichten oder weiter zur nächsten Geschichte: Elisabeth aus Monheim